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Sonntag, 19. Februar 2012

(18) Heilige Stätten I

Ein langer Tag mit zwei Touren zu vier armenischen Heiligtümern, sehr amerikanisch. Zuerst nach Garni und Geghard, dann nach Etschmiadzin und Chor Virap.

Garni

Hinter Jerewan geht es durch schier endlose Vorstädte nach oben, in biblisch anmutende Landschaften, immer im Angesicht des Ararat, der den westlichen Horizont bildet.

Blick auf die Siedlung Garni

„Garni ist ein Tempel, der vor über zweitausend Jahren zu Ehren des schönen Sonnengottes Helios errichtet wurde. Ich muß Garni unbedingt sehen, weil ich sonst vielleicht daran zweifeln könnte, daß Armenien tatsächlich zur mediterranen Welt gehört, zur Welt des antiken Griechenlands und Roms. Hier, bitte, ist der Beweis.“

Ryszard Kapuścinski: Imperium. Sowjetische Streifzüge. Fischer: Frankfurt/M. 1996, S. 152




Geghard

Eine beeindruckende Klosteranlage aus dem 4. Jh., teilweise in den Fels gehauen, sehr mystisch. Im Innern der Felsenkathedrale gibt es eine heilige Quelle. Wasser wird geschöpft und getrunken, zahllose Kerzen flackern.


Ein "Chor von Felsen"
„Vor uns stand eine Kirche, eine wohlgestaltete, unversehrte und natürlich tausendjährige Kirche, wie ein Nebenau dieses natürlichen Tempels [...]. Doch dahinter erhob sich noch ein Chor von Felsen, und die Kirche, die am Fuße dieses steilaufragenden Klangkörpers stand, war nur ein Element des gewaltigen Ensembles, einer der zahlreichen und vergessenen Virtuosen der Vergangenheit.“

Andrej Bitow: Armenische Lektionen. Eine Reise in ein kleines Land. Luchterhand: Frankfurt/M. 1989, S. 131


Eingang zum Höhlenkloster

„Das verschnörkelte armenische Kreuz! Wie allmählich und wunderbar fand es seine kanonischen Züge. Keines gleicht dem andern. Die Proportionen änderten sich, die weichen und rundlichen Formen verschwanden, zerschmolzen, die Kreuze wurden gerader, strenger.“

Andrej Bitow, Armenische Lektionen. A.a.O., S. 133






Geschichtsschreibung in Stein

„Die Armenier haben eine andere Zeitrechnung als wir. Ihre erste Teilung haben sie vor 2500 Jahren erlebt. Ihre Renaissance fällt in das 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Das Christentum haben sie siebenhundert Jahre früher angenommen als wir. Sie haben zehn Jahrhunderte vor uns in ihrer eigenen Sprache zu schreiben begonnen.“

Ryszard Kapuścinski: Imperium. A.a.O., S. 63